Teure Stellplätze, beste Carbonara, wie man neben einem Gefängnis so schlafen kann und wie ein Franzosenpaar um 3 Uhr nachts den einsamen Berg weckte.
Wir wollten wieder ans Meer. Als letzte Testreise vor unserem Absprung in einen anderen Kontinent wollten wir es noch einmal wissen und lenkten den Toyo gen Süden ein. Mit Sack und Pack fuhren wir abermals der Sonne entgegen. Nach für uns Norddeutsche unzähligen Autobahnkilometern trudelten wir in Italien ein. Der ursprüngliche Plan Elba anzusteuern wurde aufgrund Überfüllung der Insel schnell gestrichen. Der erste italienische Stellplatz begrüßte uns mit 20 Euro Gebühr die Nacht, ohne jegliche Sanitäranlagen, dafür aber mit einem kostenfreien 20 m Strandabschnitt zwischen den unzähligen Reihen an gebührengesponserten Sonnenschirmen. Auf der Suche nach “mehr Strand” düsten wir weiter gen Süden. Vorher machten wir aber einen Abstecher nach Pisa. Wir fanden Pisa äußerst bezaubernd. Zum einen konnten wir von unserem Stellplatz zu Fuß in die Altstadt schlendern und zum anderen war die Stadt zudem nicht völlig von Touristen übervölkert. In einer kleinen Seitenstraße aßen wir wohl so mit die beste Carbonara unseres Lebens. Wir lieben Pastagerichte und auch die “echte” Carbonara gehört bei uns Zuhause immer wieder auf den Speiseplan. Weiter ging es zu “mehr Strand”. Entsprechend trudelt wir bei Mazzanta ein. Voller Vorfreude liefen wir durch einen schönen Pinienwald, um von der Ernüchterung eines 3 m breiten Sandstrandes begrüßt zu werden, der mehr sonnengebräunte Menschen beheimatete als die Robbenkolonie von Helgoland. In einer Nacht und Nebelaktion bauten wir unsere Sitze aus, um unsere neuen Schonbezüge von Deltabags zu installieren. Stephis Nagelschere und ein in einer einsamen verlassenen schwedischen Hütte gefundener Alupfannenwender waren die besten Werkzeuge.
Nach der berauschenden Küste steuerten wir ins Landesinnere der wirklich bezaubernden Toskana. Es wundert uns nicht, dass hier gerne so viele Landesbürger hinfahren. Auf der Suche nach einer passenden Unterkunft konnte uns ein lokaler Biobauer leider nicht beherbergen. Die Carabinieri sei mittlerweile sehr streng, wenn man keine Campinglizenz habe. Wir könnten aber in einem nahegelegenen verlassenen Dorf übernachten. Mit den noch fix beim Biobauern eingekauften unfassbar aromatischen Tomaten in der Tasche stellten wir unseren Toyo in einem Winzdorf direkt neben der alten Kirche ab. Der Begriff “Geisterstadt” könnte hier seinen Ursprung gefunden haben. Zudem stellten wir fest, dass in nicht einmal 300 m Luftlinie ein Gefängnis seine Pforten geschlossen hielt.
Die Nacht war dennoch äußerst ruhig und kein Insasse ersuchte unser Dorf für ein Versteck. Am folgenden Tag konnten wir erholt San Gimignano erkunden. Das UNESCO Städtchen ist geprägt von seinen “Geschlechtertürmen”, die man wohl als Wolkenkratzer des Mittelalters bezeichnen könnte. Knapp 200 davon sollen einmal in Bologna gestanden haben, einige davon knapp 100 m hoch.
Von San Gimignano fuhren wir weiter Richtung Talamone. Hier wurden Szenen des James Bond Films “Quantum of Solace“ gedreht. Der Stellplatz war mit 12 Euro für italienische Verhältnisse günstig, bis auf erneut fehlende Sanitäranlagen. Ein auf dieser Reise wiederholt festgestelltes Phänomen. Einmal mehr hat die Coronapandemie den Trend der weißen Wohnmobilwolken verstärkt. Diese sind, im Gegensatz zu unseren 4x4-Kisten, mit eigenen Bädern/Toiletten versorgt. Wir haben eine kleine “Not”Trenntoilette von Komaland dabei. Aber der Begriff Not kommt nicht von ungefähr. Auch die Campingpreise sind gelinde gesagt nicht als günstig zu bezeichnen. Die Bucht von Talamone war aber sehr schön und auch das nahegelegene Naturschutzgebiet ermöglicht das Aufsuchen einsamer Strände.
Auf dem Rückweg nach Norden fuhren wir am Nationalpark Cinque Terre vorbei. Leider waren hier auf sämtlichen Camingplätzen alle Stellplätze belegt. Entsprechend fuhren wir den Toyo das erste Mal einen kleinen 4x4 Pfad durch die Berge, erste Buschwerkschrammen inklusive. Als Belohnung bekamen wir einen traumhaften Stellplatz, der sowohl den Blick aufs Meer als auch die zahlreichen Sterne ermöglichte. Um 3 Uhr nachts wurden wir von plötzlichen Motorengeräusch geweckt. Erste Gedanken nach “Oha die Carabinieri“ rauschten durch den Kopf. Wir hatten aber explizit auf Verbotsschilder und dergleichen geachtet. Den Stellplatz hatten wir uns aus einer der bekannten Apps herausgesucht. Ferner halten wir uns immer an das skandinavische Allemansrecht und verlassen alle Orte, ohne bleibende Spuren in der Natur zu hinterlassen. Es stellte sich aber schnell heraus, dass ein junges französisches Pärchen ihren normalen Nissan X-Trail die 4x4 Piste hinauf geprügelt hatte. Einige Steine hätten für einen normalen PKW sicherlich den Verlust der Ölwanne bedeutet. Mit einer ungeahnten Lautstärke werkelten die Zwei an Korkflaschen, Panzerband und anderen Utensilien bis morgens früh um halb fünf. Am nächsten Morgen konnten wir einen zerbeulten Nissan erkennen mit einem Scheinwerfer weniger und einer Stoßstange die grob mit Panzerband zusammengehalten wurde. Hätte man auch mit unserer Hilfe bei Tageslicht reparieren können… Die Insassen des Fahrzeuges entsprachen dem Pflegezustand des Fahrzeugs. Mit einem freundlichen Lächeln fuhren wir den Berg wieder hinab. Vorher gaben wir aber noch die Antwort auf die Frage für den richtigen Rückweg, wollten die Beiden doch die Straße weiterfahren, die im nächsten Abgrund geendet wäre. Was für eine Nacht!
Die Heimreise gestaltete sich weniger dramatisch. Wir konnten aber in Deutschland zwischen Weinbergen aufwachen und das Münsterland schenkte uns einen unfassbar schönen Sommersonnenuntergang.
Wir fahren bestimmt noch einmal nach Italien, vermutlich dann aber ohne Toyo, da die dortige Campingsituation nicht so wirklich unseren Vorstellungen entspricht. Sicherlich könnte man immer auf teuren engen Campingplätzen übernachten, wir mögen aber die günstige ursprüngliche Kategorie und sind vermutlich verwöhnt von schwedisch ungezwungener Natur. Italien ist aber wunderschön und mit einem kleinen Mietwagen werden wir sicherlich noch einmal die malerischen Landschaft und Orte erkunden.
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